Acht Männer

Heute habe ich mir ein Foto angeguckt und ein Video reingezogen. Insgesamt acht prominente Männer sah ich, einen davon hörte ich auch. Visuelles Fazit: Herr Ratspräsident (EU), zwei Präsidenten (Frankreich und USA) sowie vier Regierungschefs (Großbritannien, Italien, Japan, Kanada) hatten Anzüge an, knitterten aber gehörig unterschiedlich. Warum eigentlich können moderne Herren keine schicken Sachen mehr tragen? Hellgrauer Schlotterzwirn (Kanada) oder schwarze Bürgerbekleidung (die übrigen) machen sich sans culottes einfach nicht gut.

Kleidsam angenehmes Augenmaß wohnt hingegen dem grünen Mitvorsitzenden (D) inne. Er trägt überzeugend schön betont männliches Outfit, und vielleicht hört der weibliche Teil seiner Fans deshalb über so manche philosophische Eindimensionalität großzügig hinweg. Bei aller Freiheit in Notwendigkeit: Der Klimawandel hat seinen Preis, gewiss – doch dessen Absolutsetzung sollte Widerspruch nach sich ziehen.

Da spricht, bei meiner ehrlichen Bewunderung für druckreife Sprache in freier Rede, im Grunde ein Jakobiner der Herzen. Ich armer Sünder jedenfalls werde, aller sympathischen hemdsärmeligen Jungenhaftigkeit des sich selbst für kanzlertauglich haltenden Protagonisten zum Trotz, seine Partei am kommenden 26. September tatsächlich auf dem Wahlzettel NICHT ankreuzen. Zwar trägt der Spitzenmann ein wunderbar warm timbriertes dunkles Hemd, doch die Vision einer „frei“ genannten, in Wirklichkeit aber durch selbstgesteckte Klimaziele eigens hervorgerufenen Sachzwangslage sowie damit einhergehender eingeengter politischer Handlungsfähigkeit nervt total.

Ich sage das hier ganz frei heraus: Die bibelbekannten und gesangbuchvertrauten Vögel unter dem Himmel, so schräg sie auch fliegen mögen, sorgen sich nicht. Ob die nun maskulin oder feminin sind, muss nieman(n)/frau/de/n groß kümmern. Aber rhetorisch könnte ein Menschenkind gegenüber selbst üppigster Fauna frau/herr/lich punkten: Doch sogar dort, wo der Habicht nicht aneckt, endet der medientaugliche Auftritt im Abtritt undeutlich verschwommen in einer bösen Ahnung vom nicht ganz so vermittelbaren Ausspruch des unaussprechlichen D-Wortes.

Wir sollten es, vornehm wie wir sind, ein wenig französisieren und also G7-tauglich machen – für unsere großen Herrscher hoffentlich zum souveränen Überhören im gesamten Weltkreis. Leider nicht ignorierbar – er hat es intendiert – ist der vermaledeite Gedanke im Sinne eines Schriftstellers und Philosophen aus eigens angemaßtem Naturrecht Rousseauscher Provenienz: am Ende drohen in schöner neuer Welt im Namen von Menschenrecht und Wohlfahrt doch wieder Diktatur, Tugendterror und la Terreur, hübscher gesagt: Ausübung einer Volonté générale.

Vier Frauen

Heute habe ich mir ein Foto angeguckt und ein Video reingezogen. Insgesamt vier prominente Frauen sah ich, eine davon hörte ich auch. Visuelles Fazit: Frau Kommissionspräsidentin (EU) und Frau Bundeskanzlerin (D) wollten wohl die Hosen anhaben, schmierten aber gegen die Queen (GB) klar ab. Warum eigentlich können moderne Damen keine schönen Kleider mehr tragen? Körperbetonte Dünne (EU) oder Dicke (D) machen sich sans culottes einfach nicht gut.

Kleidsam angenehmes Augenmaß (GB) wohnt hingegen auch der grünen Kanzlerkandidatin (D) inne. Sie trägt überzeugend schön betont weibliches Outfit, und vielleicht hört der männliche Teil ihrer Fans deshalb über so manchen sprachlichen Schnitzer großzügig hinweg. Ob „Technogie“ oder „Keifpreis“: Technologie hat ihren Kaufpreis – und ein tech-no-gieriges Geschrei ist sowieso ein Widerspruch in sich.

Die green queen der Herzen jedenfalls wäre mir armem Sünder um ein wallendes Haar fast nachgerade DIE Motivation geworden, ihre Partei am kommenden 26. September tatsächlich auf dem Wahlzettel anzukreuzen. Aber ich muss wohl leider davon Abstand nehmen: Zwar trägt die Spitzenfrau ein wunderbares rotes (!?) Kleid, doch die Stümme einer nicht mehr freien, sondern bloß noch „sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ nervt total.

Ich sage das hier ganz frei heraus. Blumen kleiden sich bibelbekanntlich und gesangbuchvertraulich sowieso besser als Salomonis Seide. Ob die nun feminin oder auch vereinzelt sogar maskulin sind, muss nieman(n)/frau/de/n groß kümmern. Aber rhetorisch könnte ein Menschenkind gegenüber selbst üppigster Flora herr/frau/lich punkten: Doch sogar dort, wo der Bär steppt und der Bock sich zum Gärtner umstilisiert, endet der medientaugliche Auftritt im Abtritt deutlich hörbar im nicht ganz so vermittelbaren Ausspruch des unaussprechlichen Sch…-Wortes.

Wir sollten es, vornehm wie wir sind, ein wenig französisieren und also G7-tauglich machen – für unser Kommissionsröschen sowie für unsere Kanzlerprimel; für die Königin indes zum souveränen Überhören im gesamten Commonwealth. Leider nicht ignorierbar – sie hat es tatsächlich gesagt – ist das vermaledeite Wort im Munde einer – nein: – DER Kanzler/in/willigen aus eigenem Völkerrecht vulgo: Merde.

Primus insta grammes: Eine Wiederaufnahme

Vor zweieinhalb Jahren ließ ich meine geneigte Leserschaft teilhaben an den atemberaubenden Photographien des Instagrammers Rick Derneburg. Mittlerweile ist sein Account aus dem weitverzweigten Reich derer von und zu Zuckerberg verschwunden. Wenn ich recht informiert bin, dann hat der Künstler selbst aus freien Stücken sein Konto dort gelöscht. Die schönsten der Bilder allerdings sind – mit seiner Zustimmung – dank meiner seinerzeit erfolgten Veröffentlichung in diesem Weblog der Nachwelt erhalten geblieben.

Lange habe ich überlegt, ob ich mich aufraffen soll, meinen Beitrag von Ende Dezember 2018 hier ein zweites Mal einzustellen. Den Ausschlag FÜR diese Vorgehensweise gab schließlich ein gewisses Unbehagen an der eigenen letzten Nummer von vor einem Monat: Die durchaus ansehnlichen Schnappschüsse aus privatem Gartenreich werden ja textlich so gut wie unbegleitet präsentiert. Solch eine Sprachlosigkeit mag ich mir selber auf Dauer nicht durchgehen lassen. So will ich den Ursprungsfaden wieder aufnehmen und dafür eben einen älteren Text in Erinnerung rufen. Keinesfalls möchte ich den Eindruck erwecken, es gebe hier nichts mehr zu sagen.

Freilich beschleicht mich genau diese dunkle Ahnung im Blick auf coronatische Eingriffe, von denen niemand vor zweieinhalb Jahren eine auch nur klitzekleine Vorstellung haben konnte. In dem weiter unten nochmals präsentierten Bilderbogen nebst nettem Fließtext wird nämlich unter anderem freier Reiseverkehr ohne Flugscham vorausgesetzt. Auch die unmaskierte zwischenmenschliche Begegnung ist unausdrücklich stets eingepreist.

Das sollte sich klarmachen, wer nun die originalen Zeilen zwischen den bunten Bildchen und diese selbst sich zu Gemüte führt. Ein Zeitdokument ersteht vor unseren betrachtenden, lesenden und verstehenden Augen. Ob es sich hierbei tatsächlich um die letzten Zuckungen weitgebrachter überlebter Kultur handelt, oder ob ein unterschwelliger Humor das abendmorgenländische Weltganze doch noch umzuwenden vermag, sollte zwischen China und Troja sowie allem, was ideell wie reell dazwischen ist, gütlich entschieden werden.

Hier ist nun der Beitrag. Wir wünschen gute Unterhaltung!

Jeder will heutzutage ein Star sein. Wer sich nicht zum Tonfilmmagazin Youtube traut, wagt vielleicht eine stille Karriere beim Weltbebilderer Instagram. Dort kann sich auch der Provinziellste unter die Leute mischen, sich den Reichen und den Schönen zugehörig fühlen.

Schon beim bloßen Betrachten der bunten Fotografien sehe ich mich auf einer Stufe mit Jet-Set-Menschen, die, wenn sie nicht gerade im Gym ihre Luxuskörper durchtrainieren, mal eben nach Dubai fliegen (mit Nächtigung in diesem irre berühmten Segelhotel, das eigentlich in Bremerhaven steht) oder in Sydney vor dem Opernhaus posieren (Betonung liegt auf „vor“).

Seitdem ich selber einen Instagramaccount besitze (unter meinem richtigen Namen! Besuchen und liken Sie doch mal die Bilder bei feo_eccard!), habe auch ich Abonnenten und bin Abonnements eingegangen. Fleißig verteile ich rote Herzchen (bei Facebook wären das die hochgereckten Daumen) an alles, was mir bei meinen Followern gefällt.

Besonders gern habe ich einen gewissen Rick Derneburg, der als rick_derneburg unterwegs ist. Kein Land, das er nicht schon bereist hätte. Ob China

china

oder Thailand,

thailand

er kennt alle noch so entlegenen Winkel dieser Erde. Als kundigen Bonvivant zieht es ihn in dieser dunklen Jahreszeit natürlich auf die uns gegenüberliegende Erdhalbkugel. Dort herrscht nach einem lieblichen Frühling jetzt strahlender Sommer. Den Lenz hat er in diesem atmosphärisch dichten Shot festgehalten:

südhalbkugel

Aber nicht nur in Fernost oder südlich des Äquators ist Rick Derneburg ein kulturschlürfender Stammgast; auch in den rauhen Gefilden im romanisch-gotischen Frankreich

frankreich

oder im schroffen gruseligen England (nur der Rasen ist gepflegt),

england

ja auch im andalusischen Cordoba

cordoba

kennt er sich bestens aus. Die blicksichere Raffinesse seiner Schnappschüsse zeugt von innerer Souveränität des fotografierenden Subjekts und zugleich von intimer Vertrautheit mit den fotografierten Objekten. Was auch immer dem Globetrotter vor die Linse kommt – es wächst nachgerade unmerklich und doch so bezwingend wirkmächtig über sich beziehungsweise ihn hinaus zu edler Einfalt und stiller Größe. Unter diesem Winckelmannschen Kriterium lässt sich jede stadtrömische Kirche noch einmal ganz neu in Augenschein nehmen, so wie diese hier:

rom

Und was das Beste an diesem begnadeten Instagrammer ist: Er zeigt uns auch hin und wieder die öden Seiten der ansonsten zu Weltattraktionen hochgejazzten Sehnsuchtsorte. Sein jüngstes Posting ist derart sprechend, dass dahinter alles, was Sie bisher über Venedig zu wissen glaubten, schleunigst verblassen muss:

venedig

Ach, werden nun einige Schlauberger sagen, das soll etwa die Seufzerbrücke in der Serenissima sein? Und der Klotz mit dem gewellten Dach hinten links gar der Dogenpalast? – Nun sehe ich doch nochmal genauer hin und – ähm – bemerke: Ich hatte wohl einen leichten Knick in der Optik. Aber Rick Derneburg ist daran mitnichten schuld. Brav und bodenständig, wie er ist, hat er seine Bilder wahrheitsgemäß beschriftet. Nur wollte ich das nicht lesen. Die Illusion mochte ich mir nicht rauben.

In Wirklichkeit sehen wir also folgendes: Die Nachbildung der Terrakotta-Armee des ersten chinesischen Kaisers, wie sie in der Bremer Überseestadt dieses Jahr in einer weltumspannenden Wanderausstellung zu sehen war; den thailändischen Tempel in Hagenbecks Tierpark zu Hamburg; Frühlingspartie in einem Garten irgendwo in Norddeutschland; romanisch-gotische Säulenkapitelle im Kreuzgang der Michaeliskirche zu Hildesheim; Kreuzgang von Stift Börstel im Osnabrücker Land; Detail aus dem ottonischen Innenraum wiederum der Hildesheimer Michaeliskirche; Rotunde der St.-Lamberti-Kirche zu Oldenburg (Oldb); und dann das allerklassischste Fotomotiv aus der Hamburger Speicherstadt.

Nach diesen ernüchternden Erkenntnissen bin ich mir selbst gegenüber misstrauisch geworden. Sogar dieses eine Foto, das so aussieht wie ein Blick von der Ausgrabungsstätte Troja hinüber zu den Dardanellen, ist wohl ein inneres Fake meiner trügerischen Wahrnehmung:

zu hause auf dem schemel

Ich interpretiere es als Schemel vor der Haustür des Instagramstars Rick Derneburg, auf den er sich zur Erholung gern setzt, um die herrliche Aussicht über die Norddeutsche Tiefebene in vollen Zügen zu genießen.

Soweit dieser Beitrag. Die Diskussion ist eröffnet.